Consent überflüssig: Ob Grabschen erlaubt ist, entscheiden andere

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Von Consent keine Spur – Die hässlichen Ereignisse von Köln (und anderen deutschen Städten), in denen Frauen von Männern (lassen wir Herkunft zur Abwechslung mal aus dem Spiel, denn darum geht es gerade gar nicht) eingekreist, unsittlich berührt und sexuell belästigt worden waren, haben viele Menschen nachdenklich oder sogar fassungslos zurückgelassen. Eine der auf Köln folgenden Forderungen war die nach einer Verschärfung des Sexual-Strafrechtes.

Das ist einerseits gut, andererseits aber auch schlecht. Gut, denn im Sexualstrafrecht muss sich etwas ändern. Schlecht, denn diese Änderung soll die Selbstbestimmung der Frauen was ihren eigenen Körper angeht stärken und nicht als Panikreaktion auf Köln erfolgen.

Sehen wir uns die Lage mal genauer an:

Die Rechtslage zum Thema Consent

consentIm Moment gilt gemäß deutschem Strafrecht die Maßgabe, dass ein Richter oder eine Richterin zu bestimmen hat, wann eine sexuelle Belästigung vorliegt. (Die Anzahl der Richterinnen in Deutschland lag laut Bundesjustizamt Ende 2014 übrigens bei 42%) Ob zum Beispiel ein Grabschen an den Busen „erheblich“ ist, bestimmt also nicht das Opfer, sondern das Gericht. Die Meinung der Begrapschten ist hier letztlich also belanglos.

Noch schlimmer sieht es beim Punkt der Vergewaltigung aus: Bei einer Vergewaltigung muss eine Frau vorher bedroht worden sein, sich in einer schutzlosen Lage befinden oder sich aktiv und lauthals gewehrt haben damit ein Straftatbestand vorliegt. Hier gibt es also klare „Schutzlücken“, bei denen eine Verschärfung des Rechts Abhilfe schaffen könnte.

„Nein ist Nein“ wurde vom Europarat bereits abgesegnet

Die sexuelle Selbstbestimmung der Frau bzw. der „Consent“, wie ihn der Europarat 2014 bestimmt hatte, spielt leider im deutschen Strafrecht noch nicht die bestimmende Rolle. Während der Europarat nämlich klar definiert hatte, dass „nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen“ strafbar sein müssen, gilt dies hierzulande wie erwähnt so noch nicht.

Hat zum Beispiel eine Frau so viel Angst vor einem Mann, dass er ohne Drohung eine Vergewaltigung vornehmen konnte oder fand die Drohung der Frau gegenüber zu einem früheren Zeitpunkt statt, so liegt u. U. keine Vergewaltigung vor. Diese Schutzlücken gilt es zu schließen, so dass „Nein heisst Nein!“, künftig konsequent zur Anwendung kommt.

Kleine Schritte, statt klarer Standpunkte

Immerhin hat sich mittlerweile eine Kommission der Sache angenommen und dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Reform des Sexualstrafrechts überreicht. Der Gesetzesentwurf sieht allerdings nach jetzigem Stand der Dinge keine Verschärfung hinsichtlich unsittlicher Handlungen (wie dem Grabschen) vor.

Wenn der Consent von Männern nicht beachtet wird, muss der Gesetzgeber hier stärker eingreifen. Zwar soll es eine Neubestimmung im Sexualstrafrecht geben, bei der nun künftig vom „sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen“ gesprochen werden soll, doch stellt das Frauen nun wiederum auf eine Stufe mit Kindern oder Behinderten.

Das Entscheidende, dass das selbstbestimmte „Nein ist Nein!“ der Frau Anwendung findet, ist hier noch nicht berücksichtigt worden.

Fazit – ein klares Gesetz als Basis für’s Umdenken

Glücklicherweise wird sich die Öffentlichkeit dank des Einsatzes von Frauenverbänden und Feministinnen der Problematik, die schon vor Köln bestand, immer bewusster. Auch in den Parteien findet sich, leider erst seit Köln, von CDU über Grüne bis zur SPD und den Linken ein immer breiterer Konsens hinsichtlich einer Anpassung des Rechts.

Die Reform des Vergewaltigungsparagraphen kann hier nur die rechtliche Basis sein, auf der es Aufzubauen gilt. Wichtig ist ein grundsätzliches Umdenken bei Männern wie bei Frauen selbst. Das Ziel ist nicht mehr Gerichtsverfahren zu haben, sondern allen Menschen klar zu machen, dass sie das Recht haben „Nein“ zu sagen und dass darüber hinaus dieses Nein akzeptiert werden muss.

Dieses Recht und die Verpflichtung dieses Recht zu respektieren, muss vom Gesetz so unterfüttert werden und dann auch in unser aller Köpfen verstanden werden. Das kann das Gesetzt selbst leider nicht leisten. Dazu ist unsere bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig.
Nicht nur auf Seiten der „Bedrängten“, fehlt mitunter das Selbstverständnis, dass sie Nein sagen und dessen Akzeptanz erwarten können. Wie schön wäre es, wenn das Gesetz ganz offiziell diese Auffassung teilt.
Ähnliches gilt auf Seiten der „Bedränger“. Es muss klar werden, dass Nein eine Möglichkeit ist, die zu akzeptieren ist. Auch wenn es für das Ego nicht schön ist, ist es ein Zeichen von Respekt anderen Menschen gegenüber dieses zu akzeptieren. Aber aktuell ist das eben nicht mehr als ein „Serviervorschlag“. Dieser muss vom Gesetz auch so gefestigt werden.

Das Safeword bedingungslos akzeptieren

Zum Abschluss noch eine These die dann auch das Thema erotische Kontakte aufgreift und die Brücke schlägt zu Consent, persönlichen Grenzen und der bedingungslosen Akzeptanz des „Nein“.
Bei Sexdating Seiten ist der Frauenanteil meist unter 10%, während sich im BDSM Bereich das Geschlechterverhältnis immer deutlich besser sogar bis zu ausgeglichen darstellt. Das mag viele Faktoren haben, aber ist einer davon nicht auch, dass im BDSM Bereich das Safeword – also das „Nein“ – bedingungslos beachtet wird? Dass auf das Gegenüber eingegangen wird? Es heisst ja nicht umsonst „safe, sane, consensual“ und ist es umgekehrt nicht etwas wovor Frauen sich auf Sexseiten fürchten? Dass im Falle eines Treffens ein „Nein“ nicht reicht?

Das bringt mich zum Abschluss zu einem persönlichen Tipp. Wenn sich die Frau sicher und respektiert fühlt auch wenn sie mal nein sagt, lässt sie sich mit der Zeit gerne immer mehr fallen…

© Dan Race / Dollar Photo Club und Dennis Skley über Flickr mit CC BY 2.0 Lizenz